Kochen/ Rezensionen/ Salate

Buchrezension & Rezept: Nigel Slater – Das Küchentagebuch (DUMONT Verlag)

Vorschsau_groß

Jule

 

Hallo, ihr Lieben!

 

Bisher habe ich Kochbücher als das betrachtet, was sie zumeist sind: eine Sammlung von Rezepten, appetitlich bebildert oder mit anregenden Titeln versehen, allerhöchstens spärlich mit zusätzlichen Texten oder Randnotizen gespickt und daher kurzweilig unterhaltsam. Bücher, die man allein ihrer Rezepte wegen und der Absicht daraus zu kochen in die Hand nimmt.

Ich hätte nicht gedacht, dass ein Kochbuch mich fesseln könnte wie ein guter Roman und dass ich anstatt sabbernd über köstlich arrangierten Rezeptbildern zu verharren lieber seine Worte verschlinge. Und dann erst läuft mir das Wasser im Mund zusammen, weil ich eine Zusammenstellung von Zutaten direkt aus dem Buch mit in die Küche nehme und mir in Gedanken ausmale, wie es mir bald schmecken wird.

9783832194772Nigel Slater – Das Küchentagebuch: Mit 250 Rezepten durch das Jahr

Über 500 Seiten bei 250 Rezepten. Da ist jede Menge Platz für Text. Genau genommen ist da reichlich von ihm in dem enzyklopädisch anmutenden Wälzer. Die Rezepte scheinen ihm untergeordnet, sind locker auf jeder zweiten Seite arrangiert, fast immer unbebildert und mit einfachen Titeln wie „Bulgur und Speck“, „Hähnchen, Oliven und Zitrone“ oder „Ein Cidre-Brot“ benannt. Spartanisch, minimalistisch – Randfiguren, möchte man meinen. Doch das stimmt nicht. Die Texte, die den Rezepten vorangestellt sind, sind ihre Einleitungen und malen mit Erzählungen aus dem Alltag des Autoren, manchmal nur einer Momentaufnahme oder einem Gedanken zu einer Zutat, stimmungs- und verheißungsvolle Bilder beim Studieren der Rezeptangaben in den Kopf. Bilder, so akzentuiert und leuchtend in ihren Farben, dass sie mehr Appetit machen, als jedes mit den Augen wahrzunehmende Foto.

Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass Nigel Slater sein Handwerk als Foodjournalist versteht, auch ohne gelernter und – nach eigenen Aussagen – nur Amateurkoch zu sein. Er kann sich mit Essen beschäftigen und schreiben. Dabei jongliert er so gekonnt mit schönen Worten, dass ich über manche Formulierungen nur sehnsuchtsvoll seufzen kann. Wie zum Beispiel gleich zu Beginn seines Tagebuchs (S. 16), als er den ersten Januar niederschreibt:

[…] Dieses Haus hat schon ein Jahrzehnt voller Neujahrsbrote erlebt: einfache Weißbrötchen, die Oberfläche von Mehlstaub verschleiert; eine zerfurchte Foccacia, die unsere Finger olivenölfeucht werden ließ; ein nicht gerade erfolgreiches Baguette, dünn wie ein Zauberstab; ein brauner, körniger Laib, den wir tagelang aßen wie ein Früchtebrot; ein Fladenbrot; ein Knäckebrot; und einmal ein schrumpeliger zweistöckiger Cottage loaf, dessen Oberteil zur Seite hing wie der Zylinder auf einem Betrunkenen. […]

Seufz. Gerade mein brotbackverliebtes Herz hat für diese liebevollen Charakterisierungen der verschiedenen Brotsorten vor lauter Entzückung höher geschlagen. So ergeht es mir immer wieder, dass ich Seite um Seite, Tag für Tag des Tagebuchs (es fehlen einige Tage, aber es besteht eine eindeutige Chronologie), förmlich inhaliere und mich gefesselt fühle. Kein anderes Buch war in den letzten Tagen häufiger in meiner Hand. Seit dem ersten Durchblättern und dem verschafften Überblick über die Rezepte lese ich jede einzelne Seite unabhängig von der Jahreszeit, in der ich mich im Tagebuch gerade befinde. Dabei sind es zum einen der erwähnte Schreibstil, zum anderen die Unkompliziertheit, mit der er seine Arbeit in der Küche und das Kochen beschreibt. „Nichts Protziges oder  Auffälliges, nur ehrliche alltägliche Sachen“, so der Autor. Soviel Bescheidenheit und Ehrlichkeit gefallen mir. Mal ist der Kühlschrank bis auf zwei Zutaten leer, die mit Resten vom Vortag zu einer eigenständigen Mahlzeit kombiniert werden, mal muss eine Marmelade weg und wird zu einem köstlich cremigen Eis. Weiterhin schleppt er sich mühevoll und wenig engagiert zum Einkaufen, um völlig lustlos doch noch irgendetwas zu kochen.

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Es ist das Zusammenspiel aus Bodenständigkeit und Kleinstapelei, die den Autor so sympathisch macht. Anders als erwartet, betrachtet man das Cover, da möchte ich ehrlich sein. Ohne Weiteres ist es eine Mischung aus Design (mit dem Teilschiebeeinband und der Leinenveredelung) und Persönlichkeit, das aber eben auch ein Autorenporträt zeigt, auf dem selbiger mit abwehrender Haltung abgebildet ist und nur einem Hauch von Lächeln auf den Lippen, das seine Augen nicht ganz erreicht. Noch dazu eine Schwarz-Weiß-Fotografie.

Nach der ersten Hälfte des Buchs erscheinen sowohl Nigel Slater selbst – als Koch und als Mensch – als auch seine Rezepte alles andere als farblos. Betrachtet man allein die Rezepte, so sind diese raffiniert, übersichtlich (was die Anzahl der Zutaten angeht) und mehr als alltagstauglich – absolut unkompliziert und in den meisten Fällen schnell gemacht. Für mich mehrere gute Gründe, um besonders viele Merkzettel zu verteilen und meinen Kopf nach vorhandenen Zutaten zu durchforsten, damit ich am besten sofort etwas ausprobieren kann.

Nachgemachte Rezepte

Nigels Schokoladen-Muscovado-Bananen Kuchen war so ein Fall. Und ich bin so froh, dem inneren Sehnen nach reifen Bananen, kräftiger Schokolade und ein paar optional hinzugefügten Pecannüssen nachgegeben zu haben – es war fantastisch! Gebacken habe ich sie als Muffins, allerdings kein schönes Foto machen können, da einige zu schnell weg und die anderen zu schnell im Gefrierfach waren (das funktioniert übrigens prima!), damit sie nicht auch noch ganz schnell weg sind. Bei Instagram habe ich jedoch einige Bilder während des Backvorgangs und vor dem letzten Krümel festgehalten.

Als Nächstes habe ich Nigels Variation aus Bulgur und Speck ausprobiert. Eine interessante Frische gaben Petersilie und Dill, den ich bisher nur in Fischgerichten oder im Kartoffelsalat verwendet hatte. Ein aufregendes Rezept, ratzfatz in nur einer Pfanne gemacht (wenn man nicht vorgekochtes Getreide – wie ich – verwendet).

 Rezept

Quinoa-Salat_lBulgur und Speck

Nigel Slater verwendet ursprünglich Bulgur für dieses Rezept. Ich wollte für den Abend ein paar gute Kohlenhydrate und habe mich für roten Quinoa entschieden, was eine sehr gute Wahl war.

Zutaten

200 g durchwachsener Räucherspeck, in breite Streifen geschnitten (Jule: Pancetta)
2 Zwiebeln, fein gewürfelt
2 EL Olivenöl
2 Zehen Knoblauch, fein gewürfelt
250 g kleine Pilze (Jule: Champignons, geachtelt)
250 g mittelfeiner Bulgur (Jule: Quinoa, vorgekocht)
3 bis 4 Stängel frische Petersilie und 6 Zweige Dill
60 g Butter
Meersalz
Schwarzer Pfeffer, frisch gemahlen

Zubereitung

Den Quinoa nach Packungsanweisung garen und abgießen oder die Körner vorgekocht verwenden.

Olivenöl in einer Pfanne erhitzen und den Speck hineingeben. Gelegentlich rühren, bis das Fett sich gelb verfärbt. Nun die Zwiebeln und den Knoblauch hinzugeben und glasig schwitzen. Die Pilze in die Pfanne geben und etwa fünf Minuten mitbraten. Anschließend den Quinona unterrühren und mit wenig Salz, frisch gemahlenem Pfeffer und den gehackten Kräutern abschmecken. Zu guter letzt die Butter unterheben.

Der Salat wird lauwarm serviert.

***

Im Originalrezept wird der Salat komplett in einer Pfanne zubereitet. Dazu wird nach dem Anbraten der Pilze der Bulgur samt einer Prise Salz und 400 ml kochendem Wasser hinzugefügt und die Pfanne mit einem Deckel dicht verschlossen. Den Herd dann abstellen und den Bulgur 15 Minuten quellen lassen. Im Anschluss werden die frischen gehackten Kräuter, Salz und Pfeffer sowie die Butter hinzugefügt. Serviert werden kann, wenn die Bulgurkörner schön glänzen.

Quinoa-Salat_m***

Nigel Slaters Küchentagebuch ist anders und sehr persönlich. In dem Gefühl dem Autoren an beinahe jedem Tag im Jahr beim Kochen, dem Vorbereiten, bei der Arbeit im Garten, beim Einkaufen oder im Beisammensein mit seiner Familie zuzuschauen, wird man unweigerlich zu einem begeisterten Voyeur. Die vielen Rezepte, mit nur wenigen stimmungsvollen Fotos, begeistern durch Rafinesse, Schlichtheit und Alltagstauglichkeit und passen zum Menschen Nigel Slater – aber auch in viele Küchen begeisterter Köchinnen und Köche.

Buchdaten:

Nigel Slater

Nigel Slater
Das Küchentagebuch.
Mit 250 Rezepten durch das Jahr
532 Seiten, Hardcover
H24,0 x B17,0 cm
180 farbige Abbildungen
Originaltitel: Kitchen Diaries II
Originalverlag: Harper Collins
EUR 39,99 [D] / 53,90 sFr.
Erstverkaufstag: 13.08.2014
ISBN 978-3-8321-9477-2

 

Quelle: Rezensionsexemplar vom DUMONT Buchverlag, herzlichen Dank!

Bildnachweise: DUMONT Buchverlag, Rezeptbilder: www.kochmaedchen.de

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Liebe Grüße

Jule

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